18. Oktober 2009 - Von Clearwater zum Myakka River State Park Nachdem wir im Seawake Hotel ausgecheckt haben, fahren wir auf die Nachbarinsel Indian Rocks Beach. Wir finden ein nettes Restaurant direkt an einer kleine Marina, „The Pub“, in dem wir frühstücken. Dort gibt es ein Buffet für 9,95 USD mit allen Zutaten, die man von amerikanischen Frühstücken so kennt – nicht besonders delikat, aber extrem sättigend! Wir werden mit „Welcome Honeys“ zünftig von der Bedienung begrüßt und bekommen einen Tisch direkt am Wasser zugewiesen. Es ist schon für einen Deutschen etwas gewöhnungsbedürftig, dass in amerikanischen Restaurants grundsätzlich am Eingang gewartet werden muss, bis ein Angestellter dem Gast einen Tisch kredenzt. Das Schild „Please wait to be seated“ ist in Restaurants omnipräsent.
Bei Publix kaufen wir das Notwendigste für die nächsten Tage ein, da wir heute in einen State Park fahren, in dem wir vermutlich nichts einkaufen können. Zunächst wollen wir in Tampa ein Geburtstagsgeschenk für Tim von Abercrombie & Fitch, der derzeitigen Non-Plus-Ultra Marke deutscher Jugendlicher (…warum eigentlich???) einkaufen. Die Sachen von A & F bekommt man ausschließlich in Amerika, daher hat Tim uns bereits in Deutschland eine Bestellung aufgegeben. Im International Plaza, einer großen Mall in der Nähe der US 275, werden wir fündig und erstehen ein Kapuzenpullover, ein T-Shirt und ein Long Sleeve Shirt. Wir haben gestern telefonisch bei „Reserve America“ eine Cabin im Myakka River State Parkgebu cht. Man kann dort entweder in einer der fünf Cabins (70 USD), die zumeist allerdings auf Monate im Voraus ausgebucht sind, oder auf einem Campground übernachten. Am Eingang zum State Park erhalten wir den Schlüssel zur Cabin und weitere Instruktionen zum Park. Die Cabins sind sehr große Blockhütten, in denen bis zu sechs Personen Platz finden. Sie sind sehr gut ausgestattet, verfügen über eine Küche und ein Bad, im großen Schlaf-Wohnzimmer gibt es sogar einen Kamin und Air-Condition, die wir bei den momentanen Temperaturen allerdings kaum brauchen werden. Vor der Hütte befindet sich eine Feuer- und eine Grillstelle. Die Hütten liegen inmitten eines traumhaft schönen Eichen- und Palmenwaldes, überall hängt „Spanish Moss“, lange Bartflechten von den Bäumen herunter. Man fühlt sich fast wie in einem verwunschenen Märchenwald, jeden Moment könnte eine Fee oder eine Elfe daher kommen! Hier sind wir der Natur und der Ruhe sehr nahe; das hat uns in der ersten Woche unseres Florida-Urlaubes schon ein bisschen gefehlt.
Nachdem wir unsere Cabin bezogen haben, machen wir uns sogleich auf zu einer ersten Erkundungstour zum Upper Myakka Lake. Beim „Concessioner“, der dort einen kleinen Shop betreibt und Kanus und Fahrräder verleiht, erkundigen wir uns nach den Möglichkeiten, den Myakka River State Park zu entdecken. Die großen Airboats, die „Gator Gals“, kommen für uns nicht in Frage, da sie echte Lärm-Ungetüme sind und Flora und Fauna beschädigen.
Der Verleih von Fahrrädern und Kanus ist sehr teuer: Für Fahrräder zahlt man 25 USD/Tag, das Kanu kostet 20 USD/Stunde, jede weitere 5 USD. Es gibt an der Mündung des Myakka Rivers in den Upper Lake einen kleinen Aussichtspunkt, von dem aus Alligatoren beobachtet werden können. Überall warnen Schilder die Besucher vor allzu sorglosem Umgang mit den bis zu fünf Meter großen Raubtieren. Hier tummeln sich einige „Gators“ am Ufer und im Fluss. Auch sind zahlreiche Vögel zu entdecken, wie zum Beispiel der bis zu 1,40 Meter große „Great Blue Heron“ und andere Reiherarten, Black- und Turkey Vultures, Ibisse und vieles mehr.
Es gibt im State Park den Canopy Skywalk, eine Hängebrücke aus Holz, von der aus das Leben in den „Treetops“ der Live-Oak/Palm Hammocks aus nächster Nähe beobachtet werden kann. Die Eichenstämme sind komplett überwuchert von „Aerial Plants“, z.B. Farne, Flechten, aber auch höheren Pflanzen wie Orchideen, die mit Hilfe der Bäume dem Sonnenlicht in den schattigen Wäldern näher rücken. Die Bewohner der Stämme schädigen die Bäume keineswegs, im Gegenteil, es handelt sich bei dieser Lebensform zumeist um eine echte Symbiose. Ein 23 Meter hoher Holzturm schließt sich an den Skywalk an. Von oben hat man einen fantastischen Blick über den gesamten Statepark sowie den Upper und Lower Myakka Lake. Auch kann man auf dem Turm hervorragend Vögel beobachten, die über den Baumwipfeln kreisen.
Am Abend suchen wir Holz für unser Campfire und setzen den Grill in Gang. Es gibt die ersten selbst gegrillten Steaks dieses USA-Trips, dazu Kartoffeln mit Dipp – sehr lecker! Am Abend herrscht reges Treiben um uns herum im Live-Oak/Palm Hammock. Überall im Unterholz raschelt es und es sind ungewöhnliche Tierlaute auszumachen. Allseits präsent sind kleine Squirls, die wie Eichhörnchen aussehen, um uns herumwuseln und auf Leckerbissen hoffen. Als wir das Rascheln eines größeren Tieres hören, machen wir uns mit Hilfe unserer Stirnlampen auf die Suche. Wir haben großes Glück und entdecken ein Armadillo (Gürteltier). Wir sitzen noch eine ganze Weile an unserem wärmenden Lagerfeuer – die Nachttemperaturen sind wie angekündigt sehr niedrig (ca. 12 ° Grad) – und lauschen still dem nächtlichen Treiben im Wald.
19. Oktober 2009
Nach einer geruhsamen Nacht – jeder von uns hatte ein riesiges Bett für sich alleine – gibt es Frühstück vor der Hütte mit Kaffee, Spiegeleiern und frisch aufgebackenen Brötchen. Zunächst fahren wir zum Concessioner am See, um ein Kanu zu mieten. Er rät uns jedoch davon ab, da es recht kühl ist und wieder ein starker Wind herrscht. Also fahren wir zurück zu unserer Cabin und treffen dort auf Ranger Chris, der gerade mit der Säuberung der benachbarten Cabin beschäftigt ist. Wir unterhalten uns eine ganze Weile und er erklärt uns begeistert das Ökosystem des Myakka State Park, in dem er selbst seit sieben Jahren lebt. Da er offenbar in uns Seelenverwandte zu entdecken scheint, erklärt er, dass er gerne jetzt mit uns hinaus in die Natur gehen würde, leider müsse er jedoch im Park arbeiten. Er empfiehlt uns, hier keine konkreten Pläne zu machen sondern sich einfach treiben zu lassen. So ließe sich das Wunder der Natur im Myakka Park am allerbesten erleben. Diesem Ratschlag folgen wir und machen uns auf zu einem Trail, den er als seinen „Favourite“ bezeichnet hat, beginnend an der Ranch House Road.
Für uns wird diese Wanderung zu einem ganz neuen Naturerlebnis. Hier bewegt man sich möglichst geräuschlos und behutsam fort, um die vielfältige Fauna entdecken zu können. Wir sehen bunte Kolibris (Ruby Throated Hummingbirds), Spechte mit rot schimmernden Köpfen (Pileated Woodpecker), Red-tailed Hawk (Falken), den rot leuchtenden Northern Cardinal, riesige farbige Spinnen, bunte Schmetterlinge und gelb leuchtende Heuschrecken. Wenn man sich schneller durch diese Landschaft bewegt, würde man die meisten Tiere vermutlich übersehen.
Über die Fox´s Low Road erreichen wir den Scenic Drive des Parks in Höhe des Upper Myakka Lake. Dort gibt es einen Bird Walk, einen Holzsteg, der in Richtung See hinausgeht. Hier kann man zahlreiche Vögel und natürlich auch Alligatoren beobachten. Am Ende unserer Wanderung sehen wir auch noch einige Wildschweine im Wald, die allerdings ebenso wie die Gürteltiere ursprünglich nicht hier heimisch sind und daher von den Rangern nicht gerne gesehen werden.Den Sonnenuntergang erleben wir mit einem Gläschen Wein auf dem Turm des Canopy Skywalks. Friedlich geht die Sonne über den Wipfeln des Parks unter. Der heutige Tag war ein Tag ganz nach unserem Geschmack. Wenn man im ansonsten so kommerzialisierten Florida Naturerlebnisse sucht, dann findet man sie auch hier in Hülle und Fülle – vielleicht sogar in einer Vielfalt, wie kaum an einem anderen Ort. Man muss sich nur abseits der Touristenströme aufhalten – dann bietet Florida für Naturliebhaber unvergessliche Erlebnisse. Abends wird natürlich wieder vor der Hütte gegrillt und ein Lagerfeuer entfacht. Gerne wären wir an diesem fantastischen Ort noch eine Nacht länger geblieben, aber leider sind alle Cabins ab morgen ausgebucht.
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