Nach dem Lunch fahren wir durch das hochgelobte Hermanus, das uns auf den ersten Blick so gar nicht gefallen will. Die Grundstückspreise sind hier für südafrikanische Verhältnisse exorbitant – wir können nicht verstehen, warum! Wenn wir zum Beispiel wegen des Whale Watchings noch einmal in die Gegend kommen, wäre unsere aller erste Wahl De Kelders und ganz sicher nicht Hermanus!
Unser nächstes Ziel ist Betty´s Bay, eine von zwei Kolonien Afrikanischer Brillenpinguine am Western Cape. Hier kann man live erleben, dass Pinguine nicht nur in kalten Regionen leben, wie viele Menschen meinen. Brillenpinguine werden ca. 60 - 70 Zentimeter groß und wiegen ungefähr drei Kilogramm. Durch die verschiedenartig angeordneten schwarzen Punkte auf dem weißen Bauch kann man die Individuen voneinander leicht unterscheiden. Brillenpinguine haben keinen festgelegten Brutzyklus sondern können mehrmals über das Jahr verteilt brüten. Es ist schon drollig, die lustigen Gesellen zu beobachten, wenn sie scheinbar unbeholfen über die Felsen watscheln! Dennoch sind wir nicht so ganz angetan von dem Ort, da er schon sehr einem Streichelzoo gleicht. Über einen Steg läuft man über die Felsen bis ans Meer, während sich einzelne Pinguine den Besuchern ohne Scheu nähern. Viel zu sehr haben sie sich bereits an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt. Wir beobachten eine Gruppe von Südafrikanern, die ihre Kinder auffordern, sich neben die Tiere für einen Schnappschuss zu stellen oder gar Tiere zu berühren – ein in keiner Weise nachahmenswertes Verhalten, das auf Unwissenheit und Dummheit zugleich schließen lässt! Brillenpinguine gelten insbesondere aufgrund des Menschen, der mehr und mehr in die Lebensräume und Brutreviere (zum Beispiel durch Guana-Abbau) vordringt, aber auch durch Überfischung vor der afrikanischen Küsten, was den Tieren die Nahrungsgrundlage raubt, als bedroht.
Der nachfolgende Abschnitt auf der R44 bis Gordon´s Bay, der Clarence Drive, ist ein landschaftliches Juwel! Unmittelbar an der Steilküste windet sich die Straße an einem Bergrücken entlang, während sich der wolkenverhangene Tafelberg malerisch vor uns erhebt.
Nach einem Fotostopp setzen wir die Fahrt über Muizenberg und die Kap-Halbinsel fort und gelangen nach Kommetjie, wo wir uns in einem kleinen B&B, dem Guinea Fowl Guesthouse, eingemietet haben. Das Örtchen liegt an der Westseite des Kaps und ist touristisch noch nicht so überlaufen, wie viele andere Küstenorte in der Nähe von Kapstadt, im Gegenteil, es wirkt eher etwas verschlafen. Von hier aus wollen wir uns die Umgebung von Kapstadt erschließen. Michele, die Besitzerin, ist nicht da, so dass wir mit ihr telefonieren. Es stellt sich heraus, dass sie bereits im Laufe des Tages mehrfach versucht hat, uns zu kontaktieren. Da sie unterwegs ist, vereinbart sie mit uns, andere Gäste anzurufen, damit diese uns das Haus aufschließen. Die Gäste sind allerdings gerade beim Dinner auf der nahe gelegenen Imhoff Farm. Also beschließen wir kurzerhand, es ihnen gleichzutun und ebenfalls im Blue Café der Imhoff Farm zu essen. Wir sitzen auf einiger lauschigen Terrasse mit Blick auf den Chapman´s Peak Drive und bestellen ein qualitativ gutes Rinderfilet (150 ZAR) mit Salat.
Als wir das Lokal verlassen, spricht uns eine Dame an: „ You must be the german couple who also stays at Guinea Fowl“! Wir sind mehr als verblüfft, dass es sich bei der Dame um den Gast handelt, der ebenfalls bei Michele wohnt und der von ihr wegen des Schlüssels kontaktiert wurde! Woran hat sie uns nur erkannt? Sie wusste nicht einmal, dass wir ebenfalls in diesem Restaurant essen würden!
21. Februar 2016, Kommetjie
Spektakuläre Aussichten und Kite-Surfing der Superlative
Wir lernen Michele am Morgen kennen und sie entschuldigt sich Tausendmal für das gestrige „Schlüsselchaos“. Danach serviert sie uns ein leckeres Frühstück – es gibt, wie immer in Südafrika, Obst mit Joghurt und Müsli und danach das obligatorische Hot Breakfast. Unser Zimmer im Guinea Fowl Guesthouse ist sehr schön eingerichtet mit einem Gemeinschaftskühlschrank für die Gäste und einem aussichtsreichen Balkon. Ganze drei Zimmer bietet Michele in ihrem Gusthouse an, daher geht es bei ihr recht familiär zu. Unbedingt sollte man eines der beiden Zimmer im ersten Stock buchen (1.000 ZAR), da man nur von hier auf die Dünen und das Meer schauen kann.
Wir schauen uns zunächst am schönen Sandstrand vor unserer Haustür um, wo gerade ein Surfturnier stattfindet. Eine Weile beobachten wir das Treiben der schicken, braungebrannten Surf-Girls und Boys. Allmählich verziehen sich die Wolken, so dass wir uns aufmachen, den Chapman´s Peak zu befahren, der als eine der spektakulärsten Küstenstraßen der Welt gilt. Die Straße ist gebührenpflichtig, 40 ZAR pro PKW. An einer roten Felswand entlang windet sich die kurvenreiche Straße entlang. Gleich bei der ersten Parkbucht halten wir an, um erste Fotos zu machen und wir wollen kaum unseren Augen trauen: Vor uns steht das nette Ehepaar aus Hannover, das wir nun schon zum dritten Mal an unterschiedlichen Stellen treffen! Wir plaudern eine Weile miteinander und verabreden uns auf ein Wiedersehen in Hannover! Weiter geht es bis zum Chapman´s Peak, wo nahezu jedes Auto anhält, um Schnappschüsse von der malerischen Hout Bay Bucht zu machen. Zahllose Radrennradfahrer nutzen die aussichtsreiche Strecke für ihr Training. Wir bekommen Gesprächsfetzen eines Schweizer Cyclers mit, der gerade mit seinem Fahrrad von Marokko bis nach Kapstadt unterwegs ist – das nennen wir einmal ein echtes Abenteuer! Das Fahrrad sieht dabei nicht einmal großartig nach High-Tech aus, sondern eher etwas klapprig!
Heute ist Sonntag, so dass entlang der Küstenstraße bei Camps Bay, auf der palmenumsäumten Promenade, ein reges Treiben herrscht. Es ist DIE Flaniermeile Kapstadts und es geht ums „sehen und gesehen werden“! Von der Atmosphäre erinnert uns die Szenerie ein bisschen an Miami Beach! Auf der rechten Seite der Straße ragen die „Zwölf Apostel“ auf, eine dem Tafelberg vorgelagerte Bergkette, links wogt das Meer an den Sandstrand. Eines steht für uns fest: Kapstadt ist eine echte landschaftliche Perle, die man einmal im Leben unbedingt gesehen haben muss!
Unser heutiges Ziel ist der Bloubergstrand, wo wir im „On the Rocks“ Restaurant Mittagessen wollen. Es gibt kaum einen besseren Aussichtspunkt auf den Tafelberg als den Bloubergstrand! Wir finden auf der Außenterrasse einen Tisch in erster Reihe und genießen dieses spektakuläre Ambiente sowie, wie sollte es auch anders sein, einen Fish-Platter für Zwei. Der Fisch ist frisch und lecker und schmeckt in dieser Umgebung nochmal so gut. Dazu gönnen wir uns ein Gläschen Sauvignon Blanc und machen unseren Lieben in der kalten, regnerischen Heimat mit ein paar Handy-Schnappschüssen, die wir über What´s App verschicken, ein bisschen neidisch!
Am benachbarten Strand von Table View findet gerade ein Kite-Surfing Wettbewerb statt, zudem soll am heutigen Tag ein Weltrekord gebrochen werden: 480 Kitesurfer gleichzeitig auf dem Wasser. Nahezu jeder Kiter beherrscht sein Gerät perfekt, das erkennt man ziemlich schnell. Wir bewundern artistische Einlagen und Sprünge, die leicht bis zu einer Höhe von zehn Metern hinausgehen!
Den Abend verbringen wir bei untergehender Sonne in unserem Guesthouse auf dem Balkon bei einem Gläschen Wein, Käse und Oliven.
22. Februar 2016, Kommetjie
Bunte Art Déco Strandhäuschen in St. James und Muizenberg
Unser erstes Ziel nach dem Frühstück ist St. James, wo wir uns die Art Déco Strandhäuschen anschauen wollen. Im mit Meerwasser gefüllten Pool erhalten gerade einige Jugendliche Schwimmunterricht. Ansonsten ist der kleine Strand von St. James beschaulich und ruhig, lediglich einige Senioren aus dem benachbarten Altenheim genießen die Morgensonne auf einer der Parkbänke.
Die farbigen Häuschen von St. James gefallen uns deutlich besser als die von Muizenberg, die sich teilweise in keinem guten Zustand befinden. Überall bröckelt die Farbe von den Holzwänden. In Muizenberg machen wir einen kleinen Strandspaziergang an dem bei Ebbe sehr breiten und schönen Sandstrand.
Eigentlich wollen wir heute noch einen Abstecher zu Weingütern der Kapregion machen. So steuern wir das historische Groot Constantia, das älteste des Landes, an, das uns allerdings eindeutig zu trubelig und touristisch ist. In Constantia Village reiht sich ein Restaurant an das andere und auch eine Praxisgemeinschaft von Schönheitschirurgen sowie eine Edelboutique hat sich für das zahlungskräftige Klientel an diesem Platz niedergelassen.
Also machen wir uns auf den Weg ins fünfzig Kilometer weit entfernte Somerset West, wo das renommierte Vergelegen Weingut ansässig ist. Rund um das Weingut steht, ähnlich wie in Constantiia, eine Luxusvilla neben der nächsten. Vergelegen ist parkähnlich angelegt mit hohem Baumbestand. Hier gibt es kapholländische Baukunst in edlem Ambiente zu bewundern. Leider haben wir keinen Picknickkorb reserviert (Verkauf täglich 12 und 13.30 Uhr – unbedingt vorreservieren!), mit dem man es sich dann im Schatten der eindrucksvollen über dreihundert Jahre alten Kampfer-Bäumen gut gehen lassen kann. Auch das Stables Restaurant ist „fully booked“, so dass wir lediglich ein paar Fotos von den schönen historischen Herrenhäuser und den ehrwürdigen Bäumen machen und dann unsere Rundfahrt fortsetzen. In Vergelegen kann man gut und gerne einen halben Tag verbringen, es gibt viel zu entdecken in dem schön angelegten Park.
Zu einem späten Lunch landen wir schließlich in Gordon´s Bay bei „The Thursty Oyster“, direkt am Hafen gelegen. Das Ambiente im unteren Bereich des Lokals gleicht dem einer dunklen Spelunke, auf der Dachterrasse hat man jedoch einen schönen Blick auf den Hafen. Wir ordern frische Seezunge mit zerlassener Knoblauchbutter (150 ZAR) – lecker!
Gegen Abend fahren wir zurück nach Kommetjie, um von einem kleinen Hügel aus mit einem Sundowner bewaffnet – einen Tinta Rosé vom Allesverloren Vineyard - den Sonnenuntergang über dem Meer zu betrachten.
23. Februar 2016, Kommetjie
Am vermeintlich südlichsten Punkt Afrikas
Heute wollen wir das Kap umrunden und dabei unterwegs an einem schönen Plätzchen ein Picknick machen. Alles was das Picknick-Herz begehrt, gibt es in der Imhoff-Farm: Lecker gefüllte Teigtaschen, verschiedene Salate und außergewöhnliche Iceteas (z.B. Apfel-Zimt oder Lemon). Nachdem wir uns für unser Picknick eingedeckt haben, starten wir in Simon´s Town unsere Rundtour. Auf der historischen Flaniermeile haben sich einige Kunsthandwerk-, Antiquitäten- und Trödelläden sowie Boutiquen angesiedelt. Alle Häuser sind im viktorianischen beziehungsweise im kapholländischen Baustil errichtet.
Auch die kleine Quaiside Waterfront hat ein gewisses Flair. Insider bezeichnen sie ein bisschen ketzerisch als „Waterfront in Miniaturausgabe“ und beziehen sich damit auf die große Schwester gleichen Namens in Cape Town. Gerade spielen Straßenmusiker mit einer sehr interessanten Besetzung (Banjo, Gitarre und Posaune) bekannte Jazz-Standards, die gut zum relaxten Ambiente passen.
Nach Betty´s Bay besuchen wir heute die zweite Festland-Kolonie von Brillen-Pinguinen am Western Cape an der Boulders Bay in Simon´s Town, welche von Sanparks betrieben wird (65 ZAR Eintritt). Über Stege pilgern Menschenmassen, um die putzigen Frackträger zu bewundern. Wir entdecken ein lustiges Kuriosum am heutigen Tag: Eine Gruppe von Nonnen, in Deutschland liebevoll-scherzhaft als Pinguine bezeichnet, besucht ihre „Artgenossen“. Wir versuchen Schnappschüsse von dem „Familientreffen“ zu schießen. Kurz zuvor hatten wir die Nonnen bereits vor dem Café Pinguino im Gespräch mit dem Wirt beobachtet!!!
Wir fahren in die benachbarte Bucht von Boulders Bay. Die meisten Besucher tummeln sich an dem ausgeschilderten Strand, wir jedoch fahren bis zum Ende der Straße und finden eine kleine Bucht, in der so gut wie gar nichts los ist. Selbst ein Pinguin schaut an diesem Strand nach dem Rechten. Wir beobachten ihn eine Weile lang, dann verschwindet er wieder im Meer.
Weiter geht es zum Table Mountain Nationalpark, ebenfalls von Sanparks betrieben (125 ZAR Eintritt). Eigentlich sollte heute unsere zweite Hiking-Tour beginnen, der zweitägige Good Hope Trail. Wir haben bei Sanparks jedoch aufgrund meiner Knieverletzung abgesagt. Ganze Autokarawanen winden sich in Richtung Cape Point. Wir finden am Rande der Straße ein schönes Plätzchen für unser Picknick, den Smitswinkelvlakte View Point und lassen uns die selbstgemachten Salate und gefüllten Pasteten von der Imhoff Farm schmecken.
Als wir den Cape Point am späteren Nachmittag erreichen, hat sich der allergrößte Rummel Gott sei Dank gelegt. Entgegen der landläufigen Meinung ist der Cape Point nicht der südlichste Punkt Afrikas und es treffen hier auch nicht Atlantik und Indischer Ozean aufeinander. Geographisch gesehen ist dieser Punkt das dreihundert Kilometer weit entfernte Cape Agulhas!
Überall warnen Schilder vor den Pavianen, die als die aggressivsten in ganz Südafrika gelten! Letztlich werden wir im Verlauf des gesamten Tages kein einziges Tier zu Gesicht bekommen. Man kann den alten Leuchtturm zu Fuß oder mit einer Zahnradbahn erreichen. Da ich mein lädiertes Knie nicht über alle Maßen strapazieren möchte, wählen wir letztere Variante (58 ZAR). Der alte Leuchtturm wurde 1859 auf dem höchsten Punkt des Kliffs in 238 Metern Höhe errichtet. Da der Leuchtturm jedoch noch relativ weit vom eigentlichen Kap entfernt stand und das Licht sich häufig im dichten Nebel verlor, führte der Standort diverse Male zu Untergängen von Schiffen am Kap. Daher wurde am Diaz Point am äußersten Ende des Kaps auf nur 87 Metern Höhe ein neuer Leuchtturm errichtet. Wie wir später erfahren war der Vater von unserer Vermieterin Michele Leuchtturmwärter, so dass sie hier sowie am Leuchtturm von Robben Island jeweils einige Jahre ihrer Kindheit verbracht hat.
Vom alten Leuchtturm laufen wir über einen Wanderweg oberhalb der steil abfallenden Kliffwände hinunter zu einer Aussichtsplattform mit Blick auf den neuen Leuchtturm. Die zahlreichen Rotschwingenstare haben sich offenbar an die Anwesenheit von Menschen am Kap gewöhnt und sind sehr zutraulich. Natürlich machen wir noch das obligatorische „Touri-Foto“ vor einem Cape Point Schild. Das große Schild, das auf zahlreichen Touristen-Fotos zu sehen ist, ist unten am Strand zu finden - diesen Weg schenken wir uns allerdings heute.
Watsonia schlechteri / Rotschwingenstar (Red winged starling)
Mittlerweile ist es auf dem Parkplatz am Cape Point noch ruhiger geworden. Alle Busse sind längst wieder in Richtung Kapstadt aufgebrochen. Wir drehen noch eine kleine Runde entlang eines Rundweges, der von der Hauptstraße abgeht. Dabei entdecken wir am Wegesrand noch einige schöne Fynbos Pflanzen, unter anderem auch schöne King´s Proteas. Auch sichten wir noch Kuhantilopen sowie Strauße.
Auch den Startpunkt des Good Hope Trials, Buffels Bay, den wir zwar gebucht hatten, aber leider nicht machen konnten, wollen wir uns wenigstens einmal anschauen. Auf dem Parkplatz angekommen, haben wir direkt eine außergewöhnliche Tiersichtung. Nicht weit von uns entfernt läuft ein hellbraunes, katzenartiges Tier durch das Dickicht. Wir können das Tier nicht sofort identifizieren, daher nähere ich mich leise der Stelle, wo wir das Tier aus den Augen verloren haben. Direkt hinter einem Felsen im tiefen Gras entdecke ich einen Caracal, einen Wüstenluchs, der offenbar markiert und mit einem Peilsender versehen ist. Wir haben zuvor noch nie einen Caracal in freier Wildbahn gesehen! Außerdem entdecken wir auf einem erhabenen Ast eines Baumes einen Gleitaar aus der Familie der Habichte.
Caracal (Wüstenluchs) / Gleitaar (Black-Shouldered-Kite)
Wir machen uns auf den Rückweg über Scarborough, einem idyllisch gelegenen Örtchen, in dem sich früher zahlreiche Aussteiger und „Hippies“ niedergelassen haben. Da uns das Essen Blue Café der Imhoff Farm gut gefallen hat, wollen wir den heutigen Abend nochmals dort verbringen. Leider ist das Restaurant jedoch dienstags geschlossen, so dass wir notgedrungen auf das Umami Sushi Restaurant ausweichen müssen. Wir sind die einzigen Gäste und ein etwas unbedarft wirkender, junger Angestellter bedient uns im betont jugendlichen lasziveren Stil. Jeden zweiten Satz beendet er mit einem bestätigenden „...yeah, cool guys...“. Die Sushis sind allesamt lecker und der Fisch ist frisch. Fazit für das Umami: Kann man mal machen – muss man aber nicht!
24. Februar 2016, Kommetjie
Ohne Elefanten keine Gardenia Keimlinge!
Heute steht endlich der Botanische Garten in Kirstenbosch auf unserem Programm (Eintritt 55 ZAR), leider ebenfalls in einer etwas abgewandelten Form. Ursprünglich wollten wir vom Garten aus den Tafelberg über den „Skeleton Gorge“ besteigen, was wir uns jedoch aufgrund meiner Knieverletzung ersparen werden. Morgens ist der Parkplatz noch leer, die Buskarawane rückt erst im Laufe des Tages an.
Der Botanische Garten von Kirstenbosch gilt als der schönste Garten der Welt und wir können dies nach unserem Besuch nur bestätigen. Die einmalige Lage an den östlichen Hängen des Tafelberges ist atemberaubend. Der Garten erstreckt sich über 528 Hektar und besteht aus einem angelegten Garten und einem Naturschutzgebiet. Einbezogen sind Höhenlagen zwischen 100 und 1.000 Metern, was alleine eine extrem große Artenvielfalt garantiert.
Der ehemalige Premierminister Cecil Rhodes hat das Gelände nach seinem Tod dem Staat vermacht. So wurde der Botanische Garten zu Kirstenbosch im Jahre 1913 gegründet. Im gesamten Park sind ausschließlich Pflanzen der Kapregion zu finden, keinerlei fremdartige Pflanzen.
Goldbrustnektarvogel (Orange breasted Sunbird), Weibchen
Natürlich spielt die typische Fynbos Vegetation eine bedeutende Rolle und wir entdecken zahlreiche Pflanzen unserer Wanderung auf dem Fynbos Trail wieder. Die King´s Protea, Südafrikas Nationalpflanze, ist hier leider bereits verblüht, dafür erstrahlen andere Proteen in vollem Glanz, zum Beispiel die „Golden Pagoda“ (Mymetes Chrysanthus), die von zahlreiche Sunbirds umschwirrt werden. Sunbirds lieben den Nektar von Proteen, daher auch der deutsche Name „Honigfresser“. Wir verbringen eine ganze Weile in der Nähe der Proteen und es gelingen uns einige tolle Schnappschüsse mit den extrem fotogenen Männchen der „Orange Breasted Sunbirds“, die Weibchen sind auch bei dieser Spezies deutlich unscheinbarer. Deutlich gerechter verteilt ist die Schönheit bei den Cape Sugarbirds, deren Männchen lediglich deutlich längere und eindrucksvollere Schwanzfedern aufweisen, aber ansonsten sehr ähnlich gefärbt sind. Die dritte hier vorkommende Art, den Southern Double-Collared Sundbird sichten wir heute leider nicht.
Goldbrustnektarvogel (Orange breasted Sunbird), Männchen
Goldbrustnektarvogel, Männchen (Orange breasted Sunbird) / Kaphonigfresser, Männchen (Cape sugarbird)
Unterwegs sind auch zahlreiche Schulklassen, die in der Regel ziemlich diszipliniert Hand in Hand gehend den Garten mt ihren Lehrern erkunden. In Südafrika herrscht in Schulen Uniformpflicht - wir finden grundsätzlich nicht die schlechteste Idee, da es den Modemarken-Konsumzwang, den es zum Beispiel in Deutschland gibt, eindämmt. Eine Mittagspause legen wir im Tearoom ein und stärken uns mit einem Salat mit Calamares sowie einem Beef-Burger. Die Qualität der Speisen ist für einen solch touristischen Ort erstaunlich gut, die Preise zivil!
Am Nachmittag entdecken wir noch den Garten mit gefährdeten Pflanzen, von denen einige bereits in „freier Wildbahn“ ausgestorben sind. Oder aber das Zykadeen-Amphitheater mit einer uralten Pflanzengruppe von Gymnospermen, die aus einer Zeit stammen, noch bevor es Dynosaurier gab! Zur Anschauung sind einige Skulpturen von Sauriern in diesen Teil des Parks eingebracht worden. Hier steht auch ein einsames Exemplar einer Baum-Zykadee, dem vermutlich letzten seiner Art auf Erden! Leider fehlt es bislang an dem weiblichen Gegenstück, um eine erfolgreiche Vermehrung in Gang zu setzen.
Überall sind auf informativen Tafeln außergewöhnliche Pflanzen erklärt, wie die der Wild Gardenia. Für die Vermehrung ist diese Pflanze auf die Anwesenheit von Großwild wie Elefanten oder größeren Antilopen angewiesen. Die harten Kapsel, in denen die Kerne bzw. Keimlinge eingeschlossen sind, werden von den Tieren gefressen und verdaut. Die Kerne werden ausgeschieden und können erst dann zu neuem Leben erweckt werden. Mit anderen Worten: Ohne Elefanten (oder große Antilopen), keine Wild Gardenias!
Eine andere Tafel erläutert die Bestäubung der prächtigen Wild Tibouchina. Sie stoßen den Pollen aus den fest verschlossenen Staubbeuteln erst aus, wenn eine ganz bestimmte Biene, die Carpenter Bee, sich ihr nähert. Der Mechanismus wird ausgelöst, in dem die Biene ihren Flügelmuskel vibrieren lässt ohne dabei den Flügel zu bewegen! Der Mechanismus ist äußerst klug von der Natur ausgetüftelt, da der Pollen auf diese Weise nicht an ein anderes Insekt „verschwendet“ wird, das ohnehin nicht als Bestäuber fungieren würde! Ein weiteres Beispiel für das faszinierende Zusammenspiel zweier völlig verschiedener Organismen, die aufeinander angewiesen sind und dabei auch voneinander profitieren.
Auch schwirren einige Common Waxbills (Prachtfinken) zwischen den Tibouchina Blüten hin und her. Der "Pistol-Bush" wird ebenfalls von Carpenter Bees bestäubt, während sie auf der unteren Lippe der Blüte sitzen und Nektar saugen. Den Namen hat die Pflanze erhalten, da die Kapseln im Herbst und Winter mit einem pistolenschussgleichen Knall platzen und so die Kerne verbreitet werden.
Prachtfinken (Common Waxbill)
Kirstenbosch ist auch ein Vogelparadies! Unter anderem geraten uns die im südlichen Afrika omnipräsenten afrikanischen Perlhühner mit Küken vor die Linse, Nilgänse, ebenfalls mit Nachwuchs sowie African Paradise Flycatcher. Von den letzteren prachtvollen Vögeln sehen wir leider "nur" die Weibchen; die Männchen können aufgrund ihrer langen, eindrucksvollen Schwanzfedern bis zu vierunddreißig Zentimeter Körperlänge aufweisen und damit gut und gerne doppelt so groß werden wie die Weibchen! Eine Riesenschildkröte grast zudem genüsslich den gepflegten Rasen des Gartens ab.
Paradiesschnäpper, Weibchen (African Paradise Flycatcher) / Afrikanisches Perlhuhn
Seit 2014 gibt es im Botanischen Garten von Kirstenbosch eine neue Attraktion, den 130 Meter langen Tree Canopy Walkway. Es handelt sich dabei um ein Baumpfad in bis elf Metern Höhe, von dem man auf die Wipfel der Bäume schauen kann. Überall weben Nephila fenestrata Spinnen, die zur Gattung der Seidenspinnen gehören, ihre Netze. Das Männchen nimmt nur ein Bruchteil der Größe des Weibchens ein und ist häufig auf dem Abdomen des Weibchens klebend (zur Begattung) zu beobachten.
Nephila fenestrata Spinne, Weibchen
Nach über sechs Stunden beenden wir unseren beeindruckenden Rundgang durch den Botanischen Garten von Kirstenbosch und haben noch längst nicht alles gesehen. Der Besuch ist sicher ein weiteres Highlight unseres diesjährigen Südafrika-Trips.
Abends haben wir einen Tisch im „Foodbarn“ in Nordhoek bestellt – ein in Fachkreisen hochgelobter Gourmettempel. So wollen wir unseren Südafrika Urlaub stilvoll kulinarisch ausklingen lassen. Der für uns zuständige Kellner stellt sich mit „Jared“ vor und gibt einige Erläuterungen zur Speisekarte. Wir entscheiden uns für ein a´la Carte Menü, zumal die heutige Tagesempfehlung als Main Course ein frischer Gelbflossen-Thunfisch ist (182 ZAR). Als Vorspeise bestellen wir Rock-Lobster mit glasierten Nudeln (135 ZAR). Das Foodbarn hat eine ganz exquisite Weinkarte, überwiegend mit Weinen aus der Kapregion. Zu jedem Gang gibt es eine Weinempfehlung, die dann am Tisch aus der Flasche in eine 250 ml Karaffe abgefüllt wird.
Ein solches Konzept wäre für deutsche Restaurants absolut nachahmenswert! Ganz besonders mundet uns der White Blend aus der Swartland Wein-Region (aus Riebeck-Castell) zum Rock-Lobster, Mullineux Old Vines 2013, ein Cuveé aus 80% Chenin Blanc sowie Clairett blanche und Viognier. Das Mullineux Weingut ist im Platter´s, der allseits anerkannten Bibel für südafrikanische Weine, 2014 und 2015 zur "Winery of the Year" gekürt worden. Wenn man diesen Wein gekostet hat, weiß man warum! Natürlich darf ein Dessert nicht fehlen. Wir entscheiden uns für einen Brownie, gefüllt mit warmer Schokolade und einem begleitenden Milchsorbet sowie eine „Coconut“ Kreation mit einem Pina Colada Sorbet (je 80 ZAR). Feinschmecker sollten das Foodbarn bei einem Besuch in Kapstadt keinesfalls auslassen, die Gerichte sind allesamt großartig und interessant kombiniert und ein echtes Geschmackserlebnis. Der Küchenchef gibt übrigens die Maxime vor, „alles was auf den Teller kommt, ist auch essbar“, also beispielsweise keine Deko-Rosmarinzweige, die von den Gästen ohnehin achtlos an den Rand gelegt werden.
25./26. Februar 2016, Rückflug Kapstadt - Hannover
Abschied aus Südafrika im schönsten Garten der Welt
Da uns der gestrige Tag im Botanischen Garten so gut gefallen hat, beschließen wir bis zum Abflug auf den ursprünglich geplanten halben Strandtag zu verzichten und anstatt dessen noch einmal nach Kirstenbosch zu fahren. Wir schlendern noch einmal durch die Highlights, bewundern die wundervollen Fireball Lillies direkt am Eingang und entdecken sogar noch die dritte Sunbird Spezies, den Southern Double-Collared Sundbird, der sich bevorzugt im Unterholz von Wäldern aufhält.
Mittags kaufen wir im Tea Room einen Picknick Korb (190 ZAR), der befüllt ist mit einem Sandwich, einem Salat nach Wahl, einem Kuchen sowie einem Getränk. Wenn man nicht allzu hungrig ist, reicht ein Picknick Korb locker für zwei Personen. Stilvoll nehmen wir unser Abschiedspicknick im Schatten eines Milkwood Trees ein und lassen diesen tollen Urlaub noch einmal Revue passieren: Wir hätten niemals gedacht, dass uns das Western Cape und Kapstadt so gut gefallen würde! Ein überaus vielseitiger Aktivurlaub liegt hinter uns, der uns traumhafte Strände, großartige Naturerlebnisse und kulinarische Genüsse der Extraklasse mit phantastischen Weinen beschert hat. Wir werden auf jeden Fall in absehbarer Zeit wiederkommen, nicht zuletzt, um die aufgrund meiner Knieverletzung verpassten Wanderungen nachzuholen.
Blaubandnektarvogel (Southern Double-Collared Sundbird)
< Fynbos Trail Video >
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