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Camargue

Zurück am Campingplatz machen wir unser Wohnmobil startklar, erledigen unsere Wasserver- und -entsorgung und fahren dann entlang der Rhone in Richtung Meer. Sainte-Maries-de-la-Mer soll uns als Startpunkt für Vogelexkursionen in der Camargue dienen. Schon bei der Anfahrt sehen wir auf Farmen die berühmten weißen Pferde, wenn auch nicht wild. Von der romantischen Vorstellung, völlig wild lebende weiße Pferde in der Carmargue Landschaft beobachten zu können, muss man sich wohl verabschieden.

Schilder weisen auf der Landstraße allerdings die Autofahrer auf mögliche ungewöhnliche Begegnungen mit dem „Wildlife“ der Carmargue hin.

Wir mieten uns auf dem Campingplatz La Brise, direkt am Meer gelegen, ein und verbringen ein Paar erholsame Stündchen am Strand. Mir ist sogar nach einer Erfrischung im schon recht warmen Mittelmeer. Der Campingplatz ist um diese Jahreszeit nicht einmal zu einem Viertel belegt, so dass derzeit noch beschauliches Treiben vorherrscht. In der Hauptsaison im August dürfte das gänzlich anders aussehen, dann geht es auf dem Platz und am Strand sicher relativ turbulent zu. Es gibt rund um La Brise diverse Womo-Stellplätze (alle ohne Strom), die wir allerdings allesamt für nicht sehr empfehlenswert halten, auch wenn man ungefähr die Hälfte der Stellplatzgebühr sparen kann. Wer nicht auf dem Campingplatz stehen will, findet am Straßenrand der D85A unmittelbar hinter dem Ortsausgang an der Lagune des Etang, in der sich zahlreiche Flamingos aufhalten, einen kostenlosen Stellplatz für die Nacht – die weitaus bessere Alternative zu den gesichtslosen Womo-Stellplätzen in der Umgebung.

Mit dem Fahrrad befahren wir den „Digue de la Mer“, ein Deich zwischen Meer und Etang de Vaccarès, der direkt am Campingplatz startet. Man kann den Etang von hier aus auch komplett mit dem Fahrrad umrunden – eine Strecke von ca. 60 Kilometern. Auf der Digue de la Mer kann das Birder-Herz einfach nur höher schlagen. Schon nach wenigen Metern sehen wir Hunderte von Flamingos, die scheinbar unbeeindruckt von den Beobachtern durch die Lagune staksen.


Auch viele andere Watvögel und Limikolen entdecken wir aus allernächster Nähe, wie Austernfischer, Säbelschnäbler oder Stelzenläufer. Sogar ein paar Mittelmeer-Spezialitäten wie eine Kolonie von Korallenmöwen mit ihrem dunkel lackroten Schnäbeln. Die Carmargue ist einfach ein Paradies allererster Güte für Natur- und Vogelfreunde!

Am Abend wird es bedingt durch den frischen Wind kühl in Saint-Marie – das sind wir nach den letzten heißen Tagen im Landesinneren der Provence gar nicht mehr gewohnt. Unser Abendessen wird umrahmt von Meeresrauschen, wie wir es lieben, danach müssen wir uns jedoch leider temperaturbedingt ins windgeschützte Wohnmobil flüchten.


7. Juni 2019 - Saint-Marie-de-la-Mer (0 Km)

Eine längere Fahrradtour steht heute auf dem Programm. Wir fahren die wenig befahrene Route de Cacharel (D85A) in Richtung Norden. Hinter dem Ortsausgang stoßen wir auf einen größeren Trupp Flamingos, die im seichten Brackwasser nach Nahrung stochern. Wir haben Rückenwind und ahnen schon, dass sich das auf dem Rückweg „rächen“ wird! Bis zur Kreuzung der Hauptverbindungsstraße nach Saint-Maries, der D 570, radeln wir locker durch die mit Kanälen und flachen Tümpeln durchzogene Landschaft.

Unser Ziel ist Pont de Gau, ein ornithologischer Park, in dem sich Vögel in freier Wildbahn aus nächster Nähe beobachten lassen. Den direkten Weg über die D 570 wollen wir nicht nehmen, da er stark vom Durchgangsverkehr frequentiert wird. So radeln wir querfeldein in Richtung D 38. Hier sichten wir weiße Carmargue-Pferde, später auch schwarze Stiere, allesamt natürlich nicht wild.

Wir landen fast zufällig beim France Passion Platz La Manade des Baumelles, den wir als nächstes Ziel ins Auge gefasst hatten. Die Gegend ist zwar schön, jedoch beschließen, wir, dieses Zwischenziel auszulassen und anstatt dessen noch eine weitere Nacht in Sainte-Maries zu bleiben.

Wir beobachten eine kuriose Planwagenfahrt, die offenbar von den Hof-Besitzern durchgeführt wird. Touristen werden über die gemähte Weide durch mitten der friedlich grasenden Stiere gefahren! "Wie bei einer Safari in Afrika...", fällt uns spontan ein, nur dass in diesem Fall der Wagen von einem Trecker gezogen wird, die Tiere eingezäunt und nicht ganz so wild sind! Über teilweise schwer zu befahrene Sandpisten gelangen wir nach diesem Schlenker zurück zur D 570 und zum Parc Ornithologique de Pont de Gau (7.50 € Eintritt).

Es sind zahlreiche Kindergartengruppen mit ihren Betreuern im Parc unterwegs, so dass wir zunächst nicht ungestört Vögel beobachten können. Aus diesem Grund beschließen wir, zunächst eine kleine Mittagspause im Café des Parks zu machen und danach die große vier Kilometer lange Runde zu laufen. Dieser Weg wird von den wenigsten Gästen begangen, dementsprechend sind wir mehr oder weniger alleine. In den Beobachtungshäuschen kommt man den Flamingos sehr nahe ohne sie zu stören und kann entsprechend tolle Portraits schießen. Da reger "Flugverkehr" herrscht, bestehen auch gute Chancen, fliegende Flamingo-Gruppen zu fotografieren.



Schließlich machen wir uns auf den Rückweg, fahren aber erneut den Schlenker über die D 38. Dabei sichten wir in eine kleinen Tümpel zwei Sichler.

Bei heftigem Gegenwind gelangen wir mühsam und ein kleines bisschen erschöpft zurück nach Sainte-Maries. Der Stadtkern um den Hafen herum, den wir jetzt zum ersten Mal zu Gesicht bekommen, ist einfach nur grauenvoll und erinnert fast an Mallorcas Ballermann! Kaum auszudenken, wie es hier erst in der Hauptsaison aussieht. Wir halten uns nicht lange an diesem unwirtlichen Ort auf und fahren mit einem Zwischenstopp beim gut sortierten Hypermarché zurück zum Wohnmobil.

Nach dem Abendessen mache ich noch eine kleine Fotosession mit Flamingos in der untergehenden Sonne, finde aber nicht so recht den optimalen Spot dafür. Die Ergebnisse sind jedenfalls noch nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe, so dass ich morgen Abend noch einmal an anderer Stelle mein Glück versuchen werde.

 

8. Juni 2019 - Saint-Marie-de-la-Mer (0 Km)
Irgendwann musste es passieren: Einer unserer über zwanzig Jahre alten Campingstühle bricht in sich zusammen! Herabhängende Fetzen deuteten schon zuvor auf die Altersschwäche des uralten Campingutensils hin, aus Zeiten, in denen wir noch mit einem einfachen Zelt unterwegs waren! Also muss ein neuer Stuhl her, und wir versuchen unser Glück im dreißig Kilometer weit entfernten Aigues-Mortes in der „Petite-Carmargue“. Kein leichtes Unterfangen, wie wir feststellen. Nachdem wir zwei Baumärkte und zwei Supermärkte durchforstet haben und nicht das richtige finden, entscheiden wir uns für einen einfachen provisorischen Klappstuhl und werden dann neue gute Campingstühle zu Hause anschaffen. Auf dem Rückweg kaufen wir bei Manade des Baumelles eine Salami aus Carmargue-Stierfleisch, eine recht kostspielige Spezialität.

Den ganzen Nachmittag verbringen wir dann ganz unspektakulär am Strand – es tut nach so vielen Unternehmungen gut, einfach einmal nichts oder nicht viel zu tun, um alle Eindrücke sacken lassen zu können.

Erst als das Licht gegen Abend besser wird, schwingen wir uns nochmals auf den Sattel und fahren durch die grandiose Landschaft der Carmargue bis zum Phare de la Gacholle. Gleißend weiße Salzfelder, wechseln ab mit wassergefüllten Kanälen und scheinbar endlosen Salzwiesen, bestehend aus nur wenigen salzliebenden Pflanzenarten wie Quellern, Sodakraut, Salzmelde oder Strandflieder, die in der Lage sind, bei hohem Salzgehalt im Boden zu überleben - dahinter der strahlend blaue Himmel. Wir lieben einfach diese Landschaften mit endloser Weite. Selbstverständlich beschert uns der Rückweg wieder Gegenwind!

Der Campingplatz von Saintes-Maries-de-la-Mer hat sich merklich zum Wochenende gefüllt und ist natürlich längst nicht mehr so ruhig wie zuvor. Das lange Pfingstwochenende steht bevor und zieht die Menschen ans Meer. Noch einmal möchte ich Flamingos im Abendlicht fotografieren und fahre auf der Digue de la Mer zwei Kilometer weit zu einer Lagune, die ich mir bereits nachmittags ausgeguckt habe. Da ich direkt an der Lagune ausharre und auf gutes Licht und auffliegende Flamingos hoffe, werde ich von den Moskitos regelrecht zerstochen. Was tut man nicht alles für den ultimativen Schuss! Aber so ist nun einmal die Natur: Die Flamingos stehen keinesfalls mehr an der erhofften Stelle im flachen Wasser und fliegen erst recht nicht auf  - außerdem ist auch das Abendlicht heute weniger farbintensiv und interessant. So fällt auch die heutige abendliche Fotoausbeute eher mager aus.


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